Osthavelländische Kreisbahnen (OHKB)

   

Nauen - Ketzin im Wandel (Zeit ab 1990)

   

         

Mit dem Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten nach der Wende 1989 änderten sich nicht nur die politischen, sondern auch die wirtschaftlichen Verhältnisse. Die verbliebene Strecke von Neugarten nach Ketzin und das Anschlussgleis in Nauen bis südlich der Berliner Straße blieben davon nicht verschont.

    

Blick zum Ende der Strecke in Nauen, wie er seit 1966 bestanden hat, zum Aufnahmezeitpunkt  am 27.10.1998 wurde nur noch der Anschluss zur Propangasentladung bedient, © H. M. Waßerroth

   

Die Gleisanschlüsse an der Berliner Chaussee in Nauen wurden nacheinander aufgegeben. Die Zuckerfabrik Nauen, die einst den Anstoß zum Bau der Bahn gegeben hatte, ist Geschichte. Nur der neu errichtete Anschluss zum neuen Werk für Haushaltgeräte der Firma Bosch-Siemens, die sich hier niedergelassen hat, wird noch bedient. Für die umfangreichen Gleisanlagen im ehemaligen Kleinbahnhof Nauen gab es bald keinen Bedarf mehr. Sie wurden zurückgebaut und dafür 3 neue Gleise für die Wagenübergabe gebaut. Bei dieser Gelegenheit verschwand auch das Stellwerk Nmt. Somit erinnert heute nichts mehr direkt an die Anlagen der OHKB.

      

Gelände des ehemaligen Kleinbahnhofes Nauen, 12.03.1998, © H. M. Waßerroth

   

Gelände des ehemaligen Kleinbahnhofes Nauen, 12.03.1998, © H. M. Waßerroth

   

Gelände des ehemaligen Kleinbahnhofes Nauen, 12.03.1998, © H. M. Waßerroth

   

Gelände des ehemaligen Kleinbahnhofes Nauen, geradezu das ehemalige Streckengleis (nun Anschlussgleis), hinten geht es nach links zur Unterführung unter der Strecke Berlin - Hamburg (bis 1964 die Strecke weiter nach Velten), rechts ab dem Schwellenkreuz war der Anschluss zur Zuckerfabrik Nauen, 12.03.1998, © H. M. Waßerroth

    

Ehemaliger Kleinbahnhof Nauen, der 1925 errichtete Triebwagenschuppen der OHKB, das damals rechts vorbeiführende Bahnsteiggleis 52 (Veltener Strecke) wurde schon vor vielen Jahren ausgebaut, 12.03.1998, © H. M. Waßerroth

    

Ehemaliger Kleinbahnhof Nauen, auch das Stellwerk Nmt hatte die Reichsbahnzeit überlebt, 12.03.1998, © H. M. Waßerroth

  

Im Sommer 2008 wurden 3 Gleise des Kleinbahnhofes Nauen für die Bedienung des Anschlusses zum Bosch-Siemens Hausgerätewerk komplett neu gebaut. Sie entsprechen den ehemaligen Gleisen 46 bis 48 der Kleinbahn. Die bis da noch existierenden anderen Gleise, Übergabegleise der Zuckerfabrik Nauen, hat man dann zurückgebaut. Für den Triebwagenschuppen und anschließend das Stellwerk Nmt kam im Frühjahr 2011 die Abrissbirne, der ehemalige Wasserturm war schon 1987 gesprengt worden.

Von den Osthavelländischen Kreisbahnen stehen heute noch die Gebäude in der Berliner Straße 111, 113 und 115, das Direktionsgebäude, ein Angestelltenwohnhaus und das Bahnhofsdienstgebäude. Sie wurden unter Denkmalschutz gestellt und in die Denkmalliste aufgenommen.

     

Gelände des ehemaligen Kleinbahnhofs Nauen Berliner Straße heute, das Gleis über die Berliner Straße ist Geschichte, 26.09.2015, © H. M. Waßerroth

   

Blick zum Streckenende südlich der Berliner Straße in Nauen, das heute auch nicht mehr erreicht werden kann,

26.09.2015, © H. M. Waßerroth

    

Der ehemalige Bahnhof Nauen Berliner Straße kann heute per Schiene auch nicht mehr erreicht werden. Die entsprechende Weiche in km 1,07 der alten Strecke Nauen - Ketzin, ab hier gehört das Gleis bis zum Ende der Grundstücksgesellschaft für die Stadt Nauen mbH, wurde ausgebaut. In Betrieb ist nur noch von hier das neue Anschlussgleis zum Bosch-Siemens-Werk. Mit Sanierung der Berliner Straße verschwand der Bahnübergang über die selbe und die verbliebenen Gleise sind größten Teils zugewachsen oder abgebaut.

   

In Ketzin verlegte 1991 das Kraftfuttermischwerk seine Transporte von der Schiene auf die Straße und das Werk für Gleisbaumechanik in Brandenburg-Kirchmöser schloss seine Außenstelle in der ehemaligen Betriebswerkstatt der Osthavelländischen Kreisbahn.

  

Nach Auszug des Werkes für Gleisbaumechanik nutzte ein Autohaus kurze Zeit die Anlagen, Ketzin 1996,

Slg. H. M. Waßerroth

   

Großer Bahnhof war dann noch einmal anlässlich einer Sonderfahrt, aufgenommen am 08.09.1991, Foto: H.M. Waßerroth

   

Es wurde ruhig in Ketzin und der Strecke schien das gleiche Schicksal, wie vielen anderen Strecken zu drohen.

Doch 1993 entstand in der Nähe von Röthehof im Winkel zwischen der Landstraße Nauen - Ketzin und der alten Bahnlinie ab dem Bahnübergang mit der Landstraße nach Tremmen ein riesiges Auslieferungs- und Technikzentrum für Logistik rund um das Auto. Die Firma Mosolf sicherte und sichert wieder regelmäßige Transporte auf der Schiene, wenn es auch nur 3 km ab Neugarten sind. Im August 2011 wurde dieser Abschnitt von der DBAG vollständig neugebaut.

    

Ehemaliger Bahnhof/Abzweig Röthehof vor der Gleiserneuerung, die Reste des Bahnsteiges sind noch gut zu erkennen, die Gebäude auf dem Bahnsteig gibt es nicht mehr, nur der Streckenfernsprecher blieb erhalten, der Schienenstoß im Vordergrund war das Weichenende der Anschlussweiche zur WHKB, 29.10.2010, © H. M. Waßerroth

    

Neue Gleise in Röthehof, Bahnübergang im ehemaligen Bahnhofsbereich,

bei dem Umbau waren auch die Reste des Bahnsteiges beseitigt worden, bei genauem Hinschauen sind aber vereinzelt noch Spuren zu finden, 10.03.2012, © H. M. Waßerroth

    

Ehemaliges Stellwerk im Bahnhofsgebäude Ketzin, Hebelbank der Bauart Gast mit Sonderkonstruktionen, 1961 aufgestellt,

insgesamt 7 Hebel v.r.n.l. (entnommen aus Verschlussplan): Einfahrsignal A, Weiche 1 (erhöht), Weiche 3 (teilweise verdeckt), Riegel für Weiche 4 und 5 in +-Stellung, Weiche 2, Riegel für Weiche 2 und Riegel für Weiche 1 (abhängig verbunden), außerdem (nicht sichtbar): 2 Fahrstraßenhebel und 3 Taster für Ra11a je an Gl. 2, 3 und 4 (Signalbezeichnung DR),

© Fam. Seeger, Slg. H. M. Waßerroth

     

52 8075-5 am 29.02.1992 im Bahnhof Ketzin, deutlich sind die Spannwerke für die fernbedienten Weichen und das Einfahrsignal auf dem ehemaligen Bahnsteig zu sehen (um was für einen Zug es sich hier handelt, ist bisher nicht bekannt),

© Fam. Seeger, Slg. H. M. Waßerroth

     

Hier der gleiche Zug mit 52 8075-5 am 29.02.1992 im Bahnhof Ketzin, Slg. H. M. Waßerroth

   

Bahnhofsbüro Ketzin, © Fam. Seeger, Slg. H. M. Waßerroth

    

1994 kam es zur Reaktivierung der Strecke nach Ketzin. Mülltransporte von Berlin zur Deponie in Vorketzin sollten wieder mit der Eisenbahn erfolgen. Seit Ende 1992 vorbereitet, erprobte die Deutschen Bahn AG im Vorfeld die Zuführung per Bahn. Doch der Anschluss Vorketzin existierte nicht mehr, so mussten die Züge mit in Spezialcontainern verpresstem Müll bis zum Bahnhof Ketzin gefahren werden. Dort lud man die Container mit 2 EDK 500 auf Straßenfahrzeuge und brachte sie dann zur Entladung zur Deponie. Ab 10.10.1994 rollten 5 Mal pro Woche 40 Müllcontainer von Berlin-Ruhleben nach Ketzin. Hierzu wurden vom Geschäftsbereich Netz, Niederlassung Stendal der Deutschen Bahn AG neue Ausführungsbestimmungen zur Dienstvorschrift für den vereinfachten Nebenbahndienst (AbzVND) für die Strecke 211: Neugarten - Ketzin (damalige Bezeichnung) erarbeitet. Diese sollten ab Oktober 1994 gültig sein und die bisherigen AbzVND Heft 8 vom 15.12.1985 ersetzen. Der sonst besetzte Bahnhof Ketzin wurde zur Vereinfachung der Betriebsführung ein unbesetzter Bahnhof, das Bahnhofsbuch war einzuziehen. Die bestehende Fernbedienung für die Weichen W 1 bis W 5 und die Signale wurden ausgebaut. Einfahr- und Rangiersignale (Ra11 und Ra 12) entfielen, die Stellwerksanlagen wurden umfassend und gründlich entfernt.

Die Umsetzung verzögerte sich und konnte erst Anfang 1995 abgeschlossen werden. Alle Weichen waren nun ortsbedient und verschlossen, das Einfahrsignal ersetzte eine Trapeztafel. So konnte auf ein Betriebseisenbahner als Fahrdienstleiter im im Bahnhofsgebäude befindlichen damaligen Stellwerk B 1 verzichtet werden.

    

Umladen der Spezialcontainer in Ketzin 1996, Slg. H. M. Waßerroth

    

Umladen der Spezialcontainer in Ketzin 1996, Slg. H. M. Waßerroth

   

Am 01.09.1997 konnte die von der Osthavelländischen Eisenbahn (OHE) mit eigenen Mitteln aber im Auftrag der MEAB und auf deren Gelände liegende neu wieder aufgebaute Ausweichanschlussstelle Vorketzin in Betrieb genommen werden. Mit dem Einstieg in die Transportkette des Berliner Hausmülls wollte sich die OHE ein neues Standbein schaffen. Bereits 1999 war mit dem Mülltransport nach Vorketzin aber wieder Schluss. Durch die praktizierte Mülltrennung und immer stärkerer Auflagen bei der Deponierung ging das Müllaufkommen stetig zurück. Dazu kam der Kostenpoker um die Einlagerung auf der Deponie zwischen dem Land Berlin, den umliegenden Gemeinden und der MEAB als Deponiebetreiber.

   

Wiederaufbau des Anschlusses Mülldeponie Vorketzin 1997, © Fam. Seeger, Slg. H. M. Waßerroth

    

Ausweichanschlussstelle Mülldeponie Vorketzin, Blick Richtung Neugarten, 20.10.1997, © H. M. Waßerroth

   

Ausweichanschlussstelle Mülldeponie Vorketzin, Blick Richtung Ketzin, 20.10.1997, © H. M. Waßerroth

    

Ausweichanschlussstelle Mülldeponie Vorketzin, 20.10.1997, © H. M. Waßerroth

      

Anschluss Mülldeponie Vorketzin, 20.10.1997, © H. M. Waßerroth

    

Nach Inbetriebnahme des Anschlusses in Vorketzin gab es für den Abschnitt bis Ketzin erneut keinen Bedarf und somit auch keinen nennenswerten Zugverkehr mehr. Die beiden Eisenbahnkrane blieben lange Zeit in Ketzin stehen, wurden wohl auch woanders nicht mehr gebraucht. Irgendwann hat man sie dann aber doch weggefahren. Vereinzelte Sonderfahrten zum alljährlichen Fischerfest im August und damit verbundene Streckenkontrollfahrten brachten kaum Leben auf die Strecke. Zeitweise stand am Anschluss in Vorketzin sogar eine Sh 2-Scheibe im Gleis nach Ketzin und signalisierte, dass die letzten 3 km außer Betrieb sind. Sie wurden aber nicht stillgelegt!

   

Bahnhof Ketzin, die 2 EDK 500 warten im Gleis 5 auf ihr Schicksal, 20.10.1997, © H. M. Waßerroth

    

Bahnhof Ketzin, Blick über die Rampe an Gleis 6 und 7 auf  Gleis 5, 20.10.1997, © H. M. Waßerroth

   

Bahnhof Ketzin, Blick zur Ausfahrt Richtung Neugarten, 20.10.1997, © H. M. Waßerroth

   

Bahnhof Ketzin, Blick über die zugewachsenen Gleise 6 und 7, 20.10.1997, © H. M. Waßerroth

   

Anschluss Mülldeponie Vorketzin, im Streckengleis nach Ketzin stand nun eine Sh 2 - Scheibe,

27.10.1998, © H. M. Waßerroth

   

Am 11. November 1992 begann mit der Grundsteinlegung an der Elbebrücke Hämerten der Bau der Schnellfahrstrecke Berlin - Hannover. Parallel zum Bau der Neubaustrecke erfolgte eine Sanierung der Lehrter Bahn, hierbei auch als Stammbahn bezeichnet. Sie war vor dem Zweiten Weltkrieg eine der bedeutendsten West-Ost-Magistralen Deutschlands. Die neue Schnellfahrstrecke liegt im Bereich des Landes Brandenburg nördlich direkt neben der Stammbahn. 1991 wurde die Neubaustrecke wie auch die Sanierung der Stammbahn als Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 4 in den Katalog der 17 Verkehrsprojekte Deutsche Einheit aufgenommen. Das Projekt war ferner Bestandteil der nördlichen Hauptachse Paris–Brüssel–Köln–Hannover–Berlin im Europäischen Infrastrukturleitplan. Die Stammstrecke sollte durch die Sanierung für Fahrgeschwindigkeiten von 160 statt 120 km/h ausgebaut werden, sowie Grobplanum und Ingenieurbauwerke der seit dem Zweiten Weltkrieg weitgehend eingleisigen Stammstrecke zwischen Staaken und Stendal sollten für die Aufnahme eines zweiten Gleises vorbereitet werden. Ursprünglich war geplant, auch die Stammstrecke zu elektrifizieren. Aus Kostengründen wurde schließlich festgelegt, die Stammstrecke größtenteils nur eingleisig für den Regional- und Güterverkehr im Dieselbetrieb auszubauen.

Von all diesen Umbaumaßnahmen war auch der an der Stammbahn liegende Bahnhof Neugarten betroffen. Einst eigens für den Anschluss der OHKB an die Staatsbahn entstanden, wurde dieser Bahnhof in heutiger Zeit entbehrlich. Auch als Kreuzungsbahnhof für die durch Entfernung des zweiten Streckengleises eingleisige Stammstrecke konnte auf ihn verzichtet werden. Eventuelle Zugbildungsaufgaben für Züge zum Übergang auf die Nauen - Ketziner Strecke erfolgen heute vornehmlich im Rangierbahnhof Wustermark oder Züge kommen direkt vom Berliner Außenring über Priort.

Den damaligen Bahnübergang Neugarten ersetzt nun eine Straßenbrücke, das Stellwerk wurde abgerissen und aus dem Bahnhof wurde eine Abzweigstelle. Einige Bahngebäude haben aber außerhalb der Lärmschutzwand überlebt und sind noch heute erhalten.

      

Blick über den Bahnhofe Neugarten vor Beginn des Umbaus, hinten zu sehen das Befehlsstellwerk B 1, aufgenommen am 17.03.1996, © H. M. Waßerroth

    

Rückbau des Bahnhofes Neugarten zu einem Abzweig, links daneben die im Bau befindliche Hochgeschwindigkeitstrasse Berlin - Hannover, Blickrichtung zum bereits abgerissenen Personenbahnhof, 23.02.1998, © H. M. Waßerroth

   

Rückbau des Bahnhofes Neugarten zu einem Abzweig, rechts daneben die im Bau befindliche Hochgeschwindigkeitstrasse Berlin - Hannover,

Blick über die Übergabegleise 7 und 6 zur OHKB in Neugarten Süd, Gleis 5 war bereits zurückgebaut,

23.02.1998, © H. M. Waßerroth

    

Rückbau des Bahnhofes Neugarten zu einem Abzweig, Verbindungskurve zum Bf. Neugarten Süd, das Formsignal als Einfahrsignal wurde schon vor Jahren durch ein Lichthauptsignal ersetzt, 23.02.1998, © H. M. Waßerroth

    

Rückbau des Bahnhofes Neugarten zu einem Abzweig, Verbindungskurve - das Lichthauptsignal der Reichsbahn vom Bild darüber wird nun durch ein Ks-Signal ersetzt, 12.03.1998, © H. M. Waßerroth

   

Rückbau des Bahnhofes Neugarten zu einem Abzweig, links daneben die im Bau befindliche Hochgeschwindigkeitstrasse Berlin - Hannover, die Gleisverbindung von Neugarten Süd nach links führt vor der Erneuerung hier noch in die alte Stammstrecke Berlin - Stendal (Lehrter Bahn), 23.02.1998, © H. M. Waßerroth

    

Rückbau des Bahnhofes Neugarten zu einem Abzweig, der alte Güterschuppen vom Bahnhof Neugarten,

23.02.1998, © H. M. Waßerroth

    

Rückbau des Bahnhofes Neugarten zu einem Abzweig, neben dem Güterschuppen ein weiteres Bahnhofsgebäude, 23.02.1998,

© H. M. Waßerroth

    

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  Rückbau des Bahnhofes Neugarten zu einem Abzweig, von

  diesem  Ortsfernsprecher war kein Fahrdienstleiter mehr zu

  erreichen - das Befehlsstellwerk war schon den Baumaßnahmen

  gewichen, 23.02.1998, © H. M. Waßerroth

     

Bei der Strecke Neugarten - Ketzin handelt es sich um die Gründungsstrecke, mit der 1892 die Geschichte der Osthavelländischen Eisenbahn begann. Deshalb sah das Unternehmen Havelländische Eisenbahn AG "eine Herzensaufgabe" darin, die Gleise bis Ketzin zu reaktivieren.

Der Versuch der OHE, heute firmierend unter dem Namen Havelländische Eisenbahn Aktiengesellschaft (HVLE), über einen Restitutionsantrag die nach dem Zweiten Weltkrieg enteignete Gründungsstrecke zurückzuerhalten, scheiterte. Obwohl diese Strecke für einen ständigen Betrieb kein Potenzial mehr hat, hat die HVLE die im 1. Halbjahr 2010 von der DBAG ausgeschriebenen 6,45 km vom Anschluss Mosolf in km 3,050 bis einschließlich Ketzin im Jahr 2011 zurückgekauft. Die Angaben zum Zustand der Strecke, die die DBAG bei der Ausschreibung als Basis darlegte, waren allerdings alles andere als real. Der Oberbau war durch die unterlassene Pflege in den Jahren nach 1990 in einem derart schlechten Zustand, so dass die angegebene zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eher ein Wunschtraum war. Selbst in der La (wöchentlich herausgegebene Übersicht der vorübergehend eingerichteten Langsamfahrstellen) und in den örtlichen Richtlinien der DB AG fand sich für den Abschnitt Mosolf Anst - Vorketzin Anst der Eintrag, dass seit 06.07.2005 die Höchstgeschwindigkeit auf 20 Km/h wegen Oberbaumängel begrenzt ist. An diesem Zustand hat sich seit dem nicht viel geändert.

    

Strecke am Bahnübergang Tremmener Landstraße, Blick Richtung Etzin, 29.10.2010, © H. M. Waßerroth

rechts am Horizont der 57 Meter hohe Müllberg der Deponie Vorketzin

     

Was wirtschaftlich sinnvoll erschien, wurde zwischenzeitlich gemacht, so dass die HVLE als Betreiber zwischen dem Logistikzentrum Mosolf bei Etzin und der Mülldeponie bei Bedarf Züge mit Kies zur Abdeckung der Deponie fahren konnte. Die Strecke auf den letzten drei Kilometern von der Anschlussstelle Deponie Vorketzin bis zum Bahnübergang Nauener Straße in Ketzin wurde an den Verein AG Osthavelländische Kreisbahn e.V. verpachtet. Die Weiterführung bis zum Hafen und Anschluss Mischfutterwerk ist bereits vor einiger Zeit demontiert worden. Dieser Verein hat sich zur Aufgabe gestellt, den Bahnhof größtmöglich zu erhalten und für Sonderfahrten und museale Zwecke zu nutzen.

Die dargestellte Silhouette auf dem Bild hierunter wird womöglich bald nur noch historisch sein. Das Grundstück etwa ab Giebel der ehemaligen Lokleitung vor dem alten Lokschuppen mit altem Lokschuppen und ehemaliger Lackierhalle (weißes Gebäude hinten links) gehörte weiterhin der DB AG und wurde seiner Zeit nicht von der HVLE mit erworben. Die DB AG hatte dieses Grundstück (ca. 10.000 m2) Ende 2016 in einer verdeckten Auktion zum Verkauf ausgeschrieben. Was das nun für Auswirkungen für den hier ansässigen Verein, der als Mieter in der ehemaligen Lackierhalle seine Fahrzeuge wartet, war dadurch nicht klar absehbar. Nach Verhandlungen mit dem zukünftigen Grundstückseigner konnte für die Grundstücksteilfläche mit den Gleisen 13 und 14 zum Ende 2017 ein Pachtvertrag geschlossen werden.

Im ersten Halbjahr 2017 beschloss die hvle, sich von der noch bestehenden Strecke Neugarten - Ketzin wieder zu trennen. Dieser Streckenteil wurde zum Verkauf ausgeschrieben. Nach Ablauf der Bieterfrist ist für den Abschnitt Anschluss Mosolf - Anschluss Müllplatz Vorketzin im Oktober 2016 das Stilllegungsverfahren eingeleitet worden, nachdem hier wegen Oberbaumängel seit Mitte 2016 kein Betrieb mehr möglich war. Relevante Bewerber für die Strecke gab es nicht. Aus der weiter bestehenden Anschlussbahn Ketzin ab Vorketzin wurde ein Inselbetrieb mit Gelegenheitsverkehr von Arbeitszügen zum Streckenerhalt.

Mitte April 2018 wurde dann der auf der Anschlussbahn Ketzin im Bahnhof Ketzin hinterstellte und vom dortigen Verein "AG Osthavelländische Kreisbahn e.V." betreute VT 18.16. der Deutschen Reichsbahn in Richtung Verkehrsmuseum Nürnberg mit Sondergenehmigung über die noch bestehende Infrastruktur des am 20.11.2017 stillgelegten Abschnittes Anschluss Mosolf - Anschluss Müllplatz Vorketzin abgefahren. Wohl auf weite Sicht der letzte offiziell gefahrene Zug auf dieser Strecke.

Seit zweiter Jahreshälfte 2018 laufen Bestrebungen, die gesamte Strecke zu reaktivieren und von Wustermark aus Reiseverkehr nach Ketzin anzubieten. Dazu muss die Strecke nach Eisenbahnbetriebsordnung (EBO) vom Eisenbahnbundesamt neu zugelassen werden, was einen generellen Streckenumbau voraussetzt und viele Millionen Euro Steuergelder kosten wird. Und der Bahnhof Ketzin mit seinen historisch gewachsenen Gleisanlagen wird höchst wahrscheinlich auf ein Gleis mit Bahnsteig für den ankommenden und abfahrenden modernen Triebwagen (wie beim ehemalige Bahnhof Tessin bei Rostock) reduziert.

     

Bahnhof Ketzin, aufgenommen am 24.11.2012, langsam wurde alles wieder frei gelegt, © H. M. Waßerroth

    

Bahnhof Ketzin, aufgenommen am 19.07.2014, das Bahnhofsgebäude erstrahlt in neuem Glanz - hat dabei aber wie bei vielen Bahnhofsgebäuden in privatem Besitz, seinen Bezug zur Bahn weitestgehend verloren, © H. M. Waßerroth

     

     

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Vers. 3.2.0. vom 08.11.2020

© Harumi Michelle Waßerroth