Die Stadt Brandenburg an der
Havel
- Brandenburg Nord -
Blick über den Werner-Seelenbinder-Sportplatz
nach Brandenburg Nord bis etwa zur Kurt-Rödel-Str.
(heute Barnimstraße) auf einer Ansichtskarte von
1971, in der linken Bildhälfte zwischen den
Hochhäusern sind die Speichergebäude der VEAB
nördlich des Silokanals zu erkennen, Slg. H. M. Waßerroth
Verlag: unbekannt, Foto: unbekannt
Die Jahre nach dem Zweiten
Weltkrieg waren anfangs geprägt vom Aufräumen und
Enttrümmern der Stadt. Wohnungsbau beschränkte sich
in den Folgejahren auf die Wiederherstellung
zerstörter Wohnungen und Schließen von entstandenen
Baulücken. Im Bereich St.-Annen-Str. waren ganze
Straßenzüge Opfer der Kämpfe in den letzten
Kriegstagen geworden. Umfangreiche Neubauten in
Stadtrandlage standen vorerst nicht auf der
Tagesordnung.
Im Dezember 1949 beschloss der
Ministerrat der gerade erst gegründeten DDR den
Aufbau eines großen Stahlwerkes auf dem Gelände des
demontierten Flickschen Stahlwerkes zwischen
Silokanal, Städtebahn und Magdeburger Straße. Dieses
entstehende Werk zog immer mehr Beschäftigten nach
Brandenburg. Die erste
Arbeiterwohnungsbaugesellschaft wurde 1954 gegründet.
In deren Folge begann der
Bau der ersten
Reihenhäuser für die Arbeiter des Stahlwerkes am Neuendorfer Sand.
Die immer mehr fortschreitende
industrielle Entwicklung Brandenburgs verlangte mehr
Wohnraum als zur Verfügung stand. Deshalb fiel der
Entschluss, einen ganzen neuen Stadtteil nördlich
des Marienberges bis zum Silokanal, beginnend an der
Brielower Straße auf baulich unerschlossenen
Ackerflächen und Kleingärten anzulegen. Die
Grundsteinlegung für diesen, "Brandenburg Nord"
genannten Stadtteil, fand am 21. Juli 1959 an der
Brielower Straße statt. Aber erst am 19.04.1961
wurde durch den Rat der Stadt Brandenburg der
eigentliche Bebauungsplan beschlossen. Zunächst sah
die Planung 3400 Wohnungen für ca. 11900 Menschen,
gegliedert in 3 Wohnungskomplexe, vor. Jeder
Wohnungskomplex sollte als gesellschaftlichen
Mittelpunkt ein Wohnkomplexzentum mit Gaststätte,
Kinderkrippe und -garten sowie Kaufhalle erhalten.
Vom Bezirksbüro für Städtebau in
Potsdam wurden genormte Wohnhaustypen mit
vereinheitlichten Grundrissen entworfen. Dies war
die Grundlage für ein industrielles
Wohnungsbauprogramm mit standardisierten
Bauelementen.
Im Zusammenhang mit dem geplanten
Neubaugebiet wurde in der Brielower Straße beginnend
an der Einmündung Gerostraße um 1960 die mit
Natursteinen gepflasterte Fahrbahn durch eine
Fahrbahn aus Beton ersetzt. Zwischen
Willi-Sänger-Str. bzw. Fohrder Straße und Gerostraße
blieb das Feldsteinpflaster erhalten. Erst später
wurde hier eine Asphaltschicht drüber gezogen. Selbst
die am westlichen Straßenrand vor dem Eckhaus zur
Willi-Sänger-Str. bzw. Fohrder Straße liegende und
immer noch vorhandene ehemalige nur bis Ende 1914
genutzte Endhaltestelle der Straßenbahn mit
Ausweiche vom Frühjahr 1911 wurde nur übergeteert.
Bis nach der Wende waren die alten Straßenbahngleise
bei Straßenschäden in diesem Bereich noch gut zu
erkennen.
Der erste Wohnblock entstand
direkt neben dem Eingang zum Sportplatz in der
Brielower Straße. Er trägt in seinen Grundmauern
auch die Stahlkassette mit der Urkunde der
Grundsteinlegung für das neue Wohngebiet. Zunächst
wurden Wohnblöcke in der
sogenannten Großblockbauweise errichtet. Bei der
Großblockbauweise waren die Wände aus ca. 1 m2
großen Blöcken aus Beton gebaut worden. Nach
Fertigstellung des Rohbaus mussten diese Wände noch
innen und außen verputzt werden. Die
standardisierten Wohnungen hatten einen Flur, ein eigenes
Bad mit Toilette und Badewanne, was bei den
"Altbauten" nur selten vorhanden war, und einen
Balkon. Alle Wohnungen waren aber je nach
Raumanzahl mit ca. 50 bzw. knapp 60 m2
recht klein, was immer wieder kritisiert
wurde.
Brielower Straße, so wie sie bis zum Ausbau nach
der Wende bestanden
hatte, Slg. H. M. Waßerroth
Verlag: unbekannt, Foto: unbekannt
Entlang der Brielower Straße
entstanden die ersten Wohnblocks praktisch als
Probelauf. Im Vorfeld gab es teils harte
Auseinandersetzungen, um eine Baufreiheit zu
schaffen. Ackerbauern und Kleingärtner mussten
überzeugt werden, ihre angestammten Flächen
herzugeben. Auch gab es mit dem Baugrund immer
wieder Probleme. Weite Flächen waren einst
tiefliegendes Wiesenland und außerdem kreuzte der
ursprünglich künstlich angelegte und mit Bau des
Silokanals wieder zugeschüttete Silograben das
Gelände des künftigen Wohngebietes, was Grundwasserabsenkungen
öfter notwendig
machte.
Blick vom damaligen Kindergarten, heute befindet
sich hier die Musikschule, durch die Guts-Muths-Str
Richtung Brielower Straße auf einer am 11.06.1966
gelaufenen Ansichtskarte, Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
Graphokopie H. Sander, Berlin, Foto: nicht angegeben
Ausgehend von der Brielower Str.
mit Kurt-Wabbel-Str. und Guts-Muths-Str. entstanden
dann
nach Westen fortschreitend die neuen Wohnbauten in
Großblockbauweise. Das elfgeschossige
markante Hochhaus an der Brielower Str. Ecke
Ernst-Grube-Str. (heute Prignitzstr.) wurde
allerdings noch auf herkömmliche Weise "Stein auf
Stein" in Ziegelbauweise erbaut. Um die zunehmend in
westlicher Richtung errichteten Wohnblocks zu
erreichen, führten bald von der Brielower Str. die
Werner-Seelenbinder-Str. und die Ernst-Grube-Str.
(heute Prignitzstr.) in das entstehende Neubaugebiet.
Brielower Straße mit Hochhaus auf einer
Ansichtskarte von 1966, Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
Graphokopie H. Sander, Berlin, Foto: nicht angegeben
Brielower Straße, Einmündung
Werner-Seelenbinder-Str. mit dem ersten
"Wohnkomplexzentrum" auf einer Ansichtskarte aus den
1970er Jahren, Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
VEB Bild und Heimat, Reichenbach, Foto: Kampmann
†,
Berlin
Werner-Seelenbinder-Str. Bushaltestelle
"Rendezvous" auf einer Ansichtskarte von 1970,
Blick Richtung Hochhaus Kurt-Rödel-Str. (heute Barnimstr.) Slg. H. M. Waßerroth
Verlag: unbekannt, Foto: unbekannt
Bevorzugt erhielten die
Beschäftigten des Stahl- und Walzwerkes Brandenburg
die sehr begehrten Wohnungen, aber auch
Ottonormalverbraucher konnte sich für eine
Neubauwohnung in die Wartelisten eintragen lassen
und bekam dann, wenn er dran war, eine Wohnung.
Vornehmlich entstanden 2- und
3-Raum Wohnungen. Nur wer leibhaftig ein Kind
"vorweisen" konnte, bekam eine Wohnung mit
Kinderzimmer. Wer "nur" in freudiger Erwartung war,
dem stand noch keine Wohnung mit Kinderzimmer zu.
Für größere Familien wurden später auch Wohnungen
mit 2 Kinderzimmer gebaut.
Werner-Seelenbinder-Str. Höhe Einmündung
Ernst-Grube-Str. (heute Prignitzstr.) auf einer Ansichtskarte von 1969,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
Graphokopie H. Sander, Berlin, Foto: nicht angegeben
Ernst-Grube-Str. (heute Prignitzstr.) Höhe
Bertold-Brecht-Oberschule (heute
Bertold-Brecht-Gymnasium) Blickrichtung Brielower Str. auf einer Ansichtskarte von 1969,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
Graphokopie H. Sander, Berlin, Foto: nicht angegeben
Alle Wohngebäude sind
unterkellert worden. Um aber den aufwändigen und
teuren Bau einer Wanne zum Schutz der Kellerräume
vor eindringendem Grundwasser zu sparen, hat man nur
flache Baugruben für die Streifenfundamente
ausgehoben und die Wohnblöcke nach Entfernen der
Humusschicht praktisch auf das Gelände drauf
gesetzt. Das Gelände zwischen den Wohnblocks wurde
nach Abschluss der Bauarbeiten meist auf
Eingangshöhe aufgeschüttet. Noch heute zeugen
vereinzelt die Vertiefungen zwischen den Wohnblocks
wie in der Flämingstraße (damals Alfred-Rosch-Str.),
Zauchestraße (damals Albert-Richter-Str.) und an der
Erich-Knauf-Straße (damals Arthur-Weineck-Str. bzw.
davor Fohrder Straße) von der eigentlichen
Geländehöhe.
1964 war der Wohnungsbau bis zur
Höhe Alfred-Rosch-Str. (heute Flämingstr.)
vorangeschritten. Die Flächen beiderseits der
August-Schärtner-Str. (heute Emsterstraße) bis zur
W.-Seelenbinder-Straße wurden vorerst ausgelassen
und blieben eine Brache. Noch Ende der 1960er Jahre
waren auf der Fläche zwischen A.-Schärtner-Str. und
W.-Seelenbinder-Str. Spargelpflanzen eines ehemals vor der
Bebauung bestandenen Spargelfeldes zu
beobachten.
Ab der Alfred-Rosch-Str. (heute
Flämingstr.) und auf gleicher Höhe
W.-Seelenbinder-Str., bis hier her hatten bisher die Wohnungen Ofenheizungen, wurden alle neuentstehenden
Gebäude an das 1964 am Ende der zukünftigen
Albert-Richter-Str. (heute Zauchestr.) gebaute
Heizkraftwerk angeschlossen. Dieses Werk ging mit
der Heizperiode 1964/65 in Betrieb. Es verfügte für
die Heißwasserversorgung über
4 umgebaute altbrauchbare Lokomotivkessel von
ehemaligen Dampfloks der Baureihe 52 der Deutschen
Reichsbahn. Gefeuert wurde mit
Braunkohlenbriketts, zeitweise ist aber auch mit
Rohbraunkohle zugefeuert worden.
Dieses als vorübergehendes
Provisorium für 3 Jahre gedachte Heizkraftwerk sollte nach
Errichtung weiterer Heizkraftwerke im
Industriegebiet Hohenstücken nördlich des Silokanals
wieder abgerissen werden. Realisiert worden ist die
Verbundleitung zwischen Brandenburg Nord und
Hohenstücken nach Neubau der im Krieg zerstörten
Roskower Eisenbahnbrücke. Bis zum Abriss des
Provisoriums sollte es aber noch viele Jahre dauern.
Um 1970 mussten sogar noch hinter dem Kesselhaus
zwei weitere Dampflokkessel zur Unterstützung der
Fernwärmeversorgung bei Versorgungsengpässen in
einem weiteren Provisorium aufgestellt werden.
Die Albert-Richter-Str. (heute
Zauchestr.) folgt in etwa dem Lauf der ehemaligen
Fohrder Straße. Die teilweise noch vorhandene
Pappelreihe am ehemaligen Heizwerk entlang bis zur
Johannes-Zoschke-Str. (heute Rhinweg) zeugt noch von
dieser Straße. Bis zum Bau der Kindereinrichtungen
in diesem Bereich waren auf deren heutigem Gelände
Fahrbahnpflasterungen der alten Fohrder Straße aus
Feldsteinen unter Wildwuchs vorhanden.
Mit den Wohnblocks in der
Albert-Richter-Straße (heute Zauchestr.), Hertha-Lindner-Straße (heute Ruppinstr.)
und Georg-Schilling-Straße (heute Pater-Grimm-Str.) ging man
von der Großblockbauweise zur Plattenbauweise über.
Diese Elemente waren größer als die bisher
verwendeten Betonblöcke und gestatteten somit einen
noch schnelleren Baufortschritt. Die Platten hatten
die Größe einer gesamten Zimmerwand und brauchten
auch nicht mehr verputzt zu werden. Wie bei allen
bisherigen Bauten hatten auch diese Wohnblöcke ein
Steildach als Sattel-/Giebeldach mit
Ziegeleindeckung. Die darunter befindlichen Dachböden
waren nicht unterteilt, waren also von Giebel zu
Giebel durchgängig und offen. Sie dienten den
Mietern als Trockenboden.
Blick von der Konsum Kaufhalle Nord,
Herta-Lindner-Str. (heute Ruppinstr.) Richtung
Hochhaus Kurt-Rödel-Str. (heute Barnimstr.), in der
Mitte und links die Wohnblöcke der
Albert-Richter-Str. (heute Zauchestr.),auf einer Ansichtskarte von 1973,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
VEB Bild und Heimat, Reichenbach, Foto: Zastrow,
Berlin
Der Wohnungsbau in
Brandenburg Nord hatte Vorrang und schritt derart
schnell voran, so dass das Umfeld nur sehr
schleppend nach kam. Die Mieter erreichten ihre
neuen Wohnungen meist Monate lang nur über
unbefestigte Sandwege und Bretterstege zu den
Hauseingängen. Auch die Versorgung mit
lebenswichtigen Lebensmitteln erfolgte lange Zeit
nur über primitive Behelfe.
Hochhaus Brielower Straße mit erstem "Wohnkomplexzentrum"
auf einer Ansichtskarte von 1968,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
VEB Bild und Heimat, Reichenbach, Foto: Darr
An der Brielower Str. entstand
das erste Wohnkomplexzentrum mit
Einkaufsmöglichkeiten und der Gaststätte "Rendezvous".
Die nächste Einkaufsmöglichkeit wurde dann an der
Kurt-Rödel-Str. (heute Barnimstr.) in eiligst
aufgestellten primitiven Baracken eingerichtet. Hier
war vorrübergehend auch die provisorische
Wendestelle für die in das neue Wohngebiet führenden
Buslinien.
1966 konnte endlich eine neue, von
der
Konsum-Genossenschaft geführte Kaufhalle in der Hertha-Lindner-Straße (heute Ruppinstr.)
fertiggestellt und eingeweiht werden. Mit der
Fertigstellung der Fahrbahnen der Straßen in diesem
Bereich endeten hier nun auch die damaligen
Buslinien A 6 von Neuendorf und A8 von der Thomas-Müntzer-Straße
(heute Ferdinand-Lasalle-Str.) bzw. Altstadt
Bahnhof. Auch der A 9 vom Klingenberg hielt hier,
wie der A 11 vom Buchenweg. Obwohl man immer noch an
vielen Stellen durch Sandwüsten stapfen musste,
änderten sich die Verhältnisse maßgeblich.
Konsum Kaufhalle Nord, Herta-Lindner-Str. (heute
Ruppinstr.), auf einer Ansichtskarte von 1969,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
VEB Bild und Heimat, Reichenbach i.V.,
Foto: Kampmann †, Berlin
Innenansicht der Konsum Kaufhalle Nord,
Herta-Lindner-Str. (heute Ruppinstr.),
Getränkeabteilung 1966,
Quelle:
OstCola, Foto: B. Wernitz
Nach Brandenburg Nord zogen
vornehmlich junge Familien. Aber der Bau von
entsprechenden Einrichtungen für die Kinder hinkte
dem rasch voranschreitenden Wohnungsbau ebenfalls
immer hinterher. Für den ersten Wohnkomplex entstand
dann, eingerahmt von den Wohnblocks der
Werner-Seelenbinder-Str. und Ernst-Grube-Str. (heute
Prignitzstr.), eine sogenannte Kinderkombination aus
Kinderkrippe und Kindergarten und ebenfalls in der
Ernst-Grube-Str., an der Biegung Richtung
Werner-Seelenbinder-Str., die
Bertold-Brecht-Oberschule, heute Brecht-Gymnasium.
Die Bertold-Brecht-Oberschule, dahinter eine der
Wohnscheiben der August-Schärtner-Str. (heute
Emsterstr.),
Ausschnitt aus einer Mehrbildkarte von 1975,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
VEB Bild und Heimat, Reichenbach i.V.,
Foto: Parrhysius, Kleinmachnow
Den Platz vor der Bertold-Brecht-Oberschule
schmückt damals wie heute diese Bronzeplastik,
Ansichtskarte am 27.05.1971 gelaufen, Slg. H. M.
Waßerroth
Verlag:
VEB Bild und Heimat, Reichenbach i.V.,
Foto: Zastrow, Berlin
Diese Schule öffnete mit Schuljahresbeginn im
September 1964 ihre Tore. Schon wenige Jahre später
stieß sie aber an ihre
Leistungsgrenze, weshalb die Schüler, die im
Einzugsbereich der noch nicht fertiggestellten
Fritz-Weineck-Schule wohnten, kurzer Hand mit Beginn
des Schuljahres 1966/67 ausquartiert wurden. Sie
mussten vorübergehend in der
Karl-Liebknecht-Oberschule (heute Luckenberger
Schule) mit unterrichtet werden. Um den Schulbetrieb
möglichst wenig zu belasten, wurden große
Klassen mit ca. 40 Schülern gebildet. Mit dem Ende
der Weihnachtsferien im Januar 1967 begann dann der
Schulbetrieb in der neuen Fritz-Weineck-Oberschule
(heute Konrad-Sprengel-Schule) am Nordwesthang des
Marienberges. Hier waren dann wieder akzeptable
Klassenstärken möglich. In den Folgejahren kam aber
auch diese Schule an ihre Leistungsgrenze. Bis zu 11
Erste Klassen mussten unterrichtet werden. Der
Stundenplan bekam Formen von Schichtarbeit
˗ vormittags die
Klassen der Unterstufe, ab mittags die der
Oberstufe. Durch ein neues, barackenähnliches
Nebengebäude, in dem auch für den Hort vernünftige
Räume zur Verfügung standen, wurde dann die
angespannte Lage entschärft. Die Anlage eines
Sportplatzes und der Bau einer Sporthalle für den Schulsport
sollte aber noch bis 1970 dauern. Nach der
politischen Wende genügte der Standard der
Turnhalle nur noch bedingt den neuen Ansprüchen und
Standards. Auch wurden immer mehr Reparaturen
notwendig. Im Sommer 2013 gab die Stadt die Nutzung
dann auf und die "Wellblechhalle" stand nun mehrere
Jahre leer und verfiel. Die angestrebte
Weiternutzung als Skaterhalle scheiterte am
notwendigen Investitionsaufwand. Im Jahr 2016 wurde
sie dann abgerissen.
Ebenfalls 1970 wurde die
Doppelschule Hans-Beimler Oberschule und
Heinrich-Rau-Oberschule im Winkel zwischen Brielower
Straße und Willi-Sänger-Straße unterhalb der
Einmündung Bergstraße eröffnet. Sie trug
entscheidend zu Entspannung der Schulsituation in
Brandenburg Nord bei. Die Hans-Beimler-Schule wurde
später als Pionierhaus genutzt und nach der Wende
abgerissen. Die Heinrich-Rau-Schule ist heute die
Oberschule Brandenburg Nord.
Polytechnische Oberschule "Fritz Weineck" (heute Konrad-Sprengel-Schule)
1970,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
Handabzug, Foto: unbekannt
Nach und nach wurde die
Eintönigkeit der nahezu gleich aussehenden
Wohnblocks durch die Errichtung weiterer
Kinderkombinationen aufgelockert. In der
August-Schärtner-Str. (heute Emsterstraße)
entstanden Anfang der zweiten Hälfte der 1960er
Jahre nacheinander 3 achtgeschossige Wohnblocks,
Scheibenhochhäuser genannt. Diese Häuser waren reine
Plattenbauten und verfügten je Eingang über einen
Fahrstuhl. Zur Wärmeversorgung sind sie wie alle ab
Mitte 1964 errichtete Neubauten an die
Fernwärmeversorgung vom Heizwerk
Albert-Richter-Straße (heute Zauchestr.)
angeschlossen worden.
Bau der dritten und letzten
Wohnscheibe in der August-Schärtner-Str. 1966 mit
Blick auf die Bertold-Brecht-Oberschule
Repro aus: Stadtchronik von Dez.
1965 bis Jan. 1970
August-Schärtner-Str. (heute Emsterstr.) von der
Einmündung Ernst-Grube-Str. (heute Prignitzstr.) in
die Werner-Seelenbinder-Str. gesehen,
auf einer Ansichtskarte um 1970,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
VEB Bild und Heimat, Reichenbach, Foto: Kampmann
†,
Berlin
Blick aus einem Wohnblock der
Alfred-Rosch-Str. (heute Flämingstr.) zu Wohnblocks der
Kurt- Rödel-Str. (heute Barnimstr.) und dahinter den
Scheibenhochhäusern in der August-Schärtner-Str. (heute
Emsterstr.) 30.05.1973, © H. M. Waßerroth
Blickrichtung genau entgegengesetzt
vom Balkon eines Wohnblocks der
Alfred-Rosch-Str. (heute Flämingstr.), im Vordergrund die
Alfred-Rosch-Str. mit einem üblichen Garagenhäuschen
für Motorräder und Mopeds, daneben die
BOBR-Müllcontainer für den Wohnblock, auf der
Werner-Seelenbinder-Str. fährt ein Linienbus zur
Endhaltestelle Herta-Lindner-Str. (heute
Ruppinstr.),
Aufnahme
November 1985, es hat gerade zu schneien begonnen, © H. M. Waßerroth
Blick die Werner-Seelenbinder-Str. entlang zum im
Bau befindlichen Punkthochhaus in der Paul-Greifzu-Str. (heute Freiherr-v.-Thüngen-Str.)
Quelle: OstCola, Foto: A. Essub
Werner-Seelenbinder-Str. mit Punkthochhaus von
der Einmündung Paul-Greifzu-Str. (heute Freiherr-v.-Thüngen-Str.)
gesehen vor 1971, auf einer 1975 gelaufenen Ansichtskarte,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag: unbekannt, Foto: unbekannt
Auch die sogenannten
Punkthochhäuser mit 11 Geschossen an der
Kurt-Rödel-Str. (heute Barnimstr.) und in
der Georg-Schilling-Straße (heute Pater-Grimm-Str.)
lockerten das Gesamtbild des Wohngebietes auf. Ab
1971 wurde dann die Brache zwischen
August-Schärtner-Str. (heute Emsterstraße) und
W.-Seelenbinder-Straße bebaut. Hier entstanden, noch
in Großblockbauweise, zwei fünfgeschossige Wohnblocks
längs der August-Schärtner-Str. (heute
Emsterstraße).Anschließend wurde das zweite
Wohnkomplexzentrum auf der restlichen Fläche
zwischen diesen beiden neuen Wohnblocks und der
Werner-Seelenbinder-Str., bestehend aus einer
Kaufhalle und einem Wirtschaftstrakt mit Sparkasse,
Post, Friseur, Blumenladen, Reinigung, Café u.a.,
gebaut. Besonders das Café "Bijou" erfreute sich
großer Beliebtheit. Wer hier einen Tisch ohne
Voranmeldung ergatterte, konnte sich glücklich
schätzen.
Bautätigkeit in der
Herrmann-Topps-Str. im November 1968, links der
Wohnblock im Rohbau steht in der
Johannis-Zoschke-Str., in der Mitte die zwei
Wohnblocks gehören zur damaligen Hertha-Lindner-Str.
Repro aus: Stadtchronik von Dez.
1965 bis Jan. 1970
Blick von der noch unbebauten Anhöhe unterhalb
der damaligen Fritz-Weineck-Schule auf die
Werner-Seelenbinder-Straße, um 1978,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
VEB Bild und Heimat, Reichenbach, Foto: unbekannt
Mit Anlage und Bebauung der
Herrmann-Tops-Straße (heute Kreyssigstr.) und Venise-Gosnat-Straße,
hier entstanden nur noch fünfgeschossige Wohnblocks
mit Flachdach in Großblockbauweise und ohne
Fahrstuhl, überschritt Brandenburg Nord seine
projektierte Ausdehnung und Größe. Letztendlich
erreichte der Stadtteil zum Ende des Jahres 1973
eine Größe von 5256 Wohnungen für etwa 16400
Einwohner und reichte von der Anhöhe des Gallberges
ab Einschnitt der heutigen Hafenbahn (bis 1945
Strecke von Brandenburg Altstadt nach Roskow der
Westhavelländischen Kreisbahn) entlang der
August-Bebel-Straße bis zu den Ausläufern des
Marienberges unterhalb der Konrad-Sprengel Straße.
1988/89 folgten noch
Wohnhäuser in Plattenbauweise mit 6 Geschossen und ohne
Fahrstuhl an der Willy-Sänger-Straße auf der
Freifläche unterhalb der Weineck Schule und etwa in Höhe
des Weinmeister Weges.
Brandenburg Nord verfügte mit
Abschluss des Bauprogramms über 3 Kaufhallen, ein
Dienstleistungstrakt, ein Ambulatorium, 3 bzw. 4
Schulen, 4 Kindereinrichtungen und 2 Gaststätten.
Geplant waren noch ein Kaufhaus, ein Kino und ein
weiteres Café, dazu kam es aber nicht mehr.
Die Kinderkombination in der Venise-Gosnat-Straße
1983, rechts darüber zu sehen die damalige Fritz-Weineck-Schule,
gut zu sehen die beiden Punkthochhäuser: vorn in der
Willi-Sänger-Straße und rechts dahinter am Horizont
das in der Werner-Seelenbinder-Straße, die
6-geschossigen Wohnhäuser unterhalb der
Weineckschule gab es da noch nicht,
Slg. H. M. Waßerroth
Verlag:
VEB Bild und Heimat, Reichenbach, Foto: Kampmann
†,
Berlin
Blick die
Werner-Seelenbinder-Str. entlang von der Einmündung
der Johannis-Zoschke-Str. (heute Rhinweg.) wo sich
heute der Kreisverkehr befindet 16.11.1978, © H. M. Waßerroth
Nahverkehrlich wird der Stadtteil
auch heute noch mit Buslinien erschlossen.
Ursprünglich ist eine Erschließung durch eine
Straßenbahntrasse geplant gewesen. Sie sollte von
der Plauer Straße durch den Wall zur Brielower
Straße und weiter durch die
Werner-Seelenbinder-Straße bis zur
August-Bebel-Straße führen. Bestehende
Materialengpässe und Kapazitätsprobleme für die
Ausführung, wie auch das Vorhaben der Stadtoberen,
die Straßenbahn ganz abzuschaffen, verhinderten das
Vorhaben. Die Straßenbahngleise plante man in der
Brielower Straße für den vierspurigen Neubau auf dem
Mittelstreifen und in der Werner-Seelenbinder-Str.
auf der nördlichen Seite, weshalb der bestehende
Grünstreifen angelegt und freigehalten wurde.
Ab 1972 wechselten dann die Gewerke
für den Wohnungsneubau nach und nach von südlich des
Silokanals auf die Nordseite zum Aufbau des Neubaugebietes
Hohenstücken, beginnend zwischen der neuen
Gördenbrücke und dem schon bestehenden Stadtteil
Görden.
Brandenburg Nord, durch die
damalige Tristigkeit verpönt gewesen, hat heute als
Wohngebiet einen hohen Stellenwert und ist bei der
Bevölkerung beliebt. Dazu beigetragen haben die
nicht unerheblichen Investitionen der
Wohnungsbaugenossenschaft WBG und der WOBRA für die
Sanierung. Auch der hohe Anteil an Grünflächen ist
ein entscheidender Aspekt für die Lebensqualität in
diesem Stadtteil.
Blick über die Konsum
Kaufhalle Brandenburg Nord zu den Wohnblocks in der
Herta-Lindner-Straße
(heute Ruppinstraße) Aufnahme: 24.11.1969
Foto: Bundesarchiv, M. Haseloff
Die ehemalige Konsum-Kaufhalle, heute als
NORMA-Filiale, macht mittlerweile einen traurigen
Eindruck. Im Vordergrund noch die Grundplatte, auf
der früher der Zeitungskiosk stand und dahinter
hinter dem Lichtmast die Grundplatte für die
damalige Telefonzelle. Die Tage der
Verkaufseinrichtun sind gezählt - sie soll durch einen
Neubau ersetzt werden.
Aufnahme: 13.06.2024, © H. M.
Waßerroth
aus verschiedenen Quellen
bearbeitet und ergänzt von H. M. Waßerroth
CC BY-NC-ND 3.0 de
nach oben
vers. 3.6.2. vom 16.06.2024
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